16. Januar 2018 · Verwaltungsrecht

Normenkontrolle zur 10. Änderung der Verordnung über Landschaftsschutzgebiet

Mit Urteil vom 27.10.2017 (Az. 14 N 16.768) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die 10. Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet (O. B W) vom 16.07.2015 dem materiellen Recht entspricht und die durch sie getroffene Ausweisung von Tabu- und Ausnahmezonen für Windkraft und die sich daraus ergebende (verschärfte) Verbotsregelung für Windkraftanlagen in den Tabuzonen nicht zu beanstanden sei.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Antragstellerin beabsichtigt, auf den von ihr gepachteten Grundstücken zwei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 200 m zu errichten. Hierzu benötigt die Antragstellerin auch weitere Grundstücke der Gemarkung Z, auf die sich Teile der Rotorblätter erstrecken bzw. auf der Nebenanlagen errichtet werden sollen. Diese weiteren Grundstücke liegen im Landschaftsschutzgebiet „O. B. W“ und des gleichnamigen Naturparks. Die hierfür beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung lehnte das zuständige Landratsamt ab. Diesbezüglich ist eine Klage anhängig.

Der Naturpark „O. B. W“ wurde durch Verordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 24.10.1989 ausgewiesen. Die mit der Verordnung festgesetzte Schutzzone wurde mit Verordnung des Bezirk O. vom 13.10.2004  in eine eigenständige Rechtsverordnung über ein Landschaftsschutzgebiet „O. B.W“ überführt.

Mit Schreiben vom 16.07.2013 beantragte der Landkreis C beim Bezirk O. eine Teilzonierung des Landschaftsschutzgebiets zur 0rdnung der Windkraftnutzung durch Festsetzung einer Tabu- und Ausnahmezone. Der Verordnungsentwurf wurde mit Karten der beteiligten Stellen, Gemeinden und Landkreisen zur Stellungnahme zugeleitet und in den betroffenen Landkreisen und Gemeinden ausgelegt. Die Antragstellerin und Z haben Einwendungen erhoben. Die Einwendungen wurden zurückgewiesen.

Durch die Änderungsverordnung wurden Tabu- und Ausnahmezonen festgesetzt. Der für das Vorhaben der Antragstellerin vorgesehene Standort liegt in einer der Tabuzonen, in der die Errichtung von Windkraftanlagen verboten ist.

Mit ihrem Normenkontrollantrag begehrt die Antragstellerin, die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet (O. B W)  für unwirksam zu erklären.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Für die Antragsbefugnis sei ausreichend, dass ein Antragsteller die ernsthafte Absicht und die gesicherte zivilrechtliche Möglichkeit hat, auf den von den (verschärften) Verboten einer Landschaftsschutzgebietsverordnung betroffenen Standorten ein Vorhaben zu errichten. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei ebenfalls gegeben. Für die Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses reiche aus, dass sich nicht ausschließen lasse,  dass die gerichtliche Entscheidung für die Antragstellerin von Nutzen sein könne.

Der Umstand, dass das Anfechtungsbegehren der Antragstellerin auch solche Teile der Änderungsverordnung erfasst, von denen sie selbst nicht betroffen sei, führe nicht dazu, dass nur ein Rechtsschutzbedürfnis für die Teilunwirksamkeit in Bezug auf die für die für das Vorhaben benötigten Grundstücke bestehe.

Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet, da keine Fehler hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren ersichtlich seien. Die angegriffene Änderungsverordnung entspreche materiellem Recht. Rechtsgrundlage sei § 33 Abs. 1 S. 3 BNatSchG. Danach könnten bestimmte Zonen innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes mit entsprechend dem jeweiligen Schutzzweck abgestuftem Schutz gegliedert werden. Damit sei es grundsätzlich möglich, im Hinblick auf die jeweils einschlägigen Schutzzwecke für einzelne Vorhaben, wie Windkraftanlagen, unterschiedliche Zonen für deren Zulässigkeit vorzusehen und einer geordneten Öffnung des Landschaftsschutzgebiets für derartige Anlagen Vorrang vor einer Konfliktbewältigung im Einzelvollzug einzuräumen. Soweit der Normgeber das Gesamtgebiet in solche Tabu- und Ausnahmezonen einteilt, gelte Folgendes:

Schließe der Normgeber für einzelne Bereiche durch die Einführung von Tabuzonen die Möglichkeit der Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung aus, schaffe damit also ein repressives Verbot, erfordere dies bei einer weniger strengen Schutzkategorie wie einem Landschaftsschutzgebiet, dass feststehe, dass die verbotenen Maßnahmen den Charakter des Gebiets schlechthin  verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen würde. Die Abwägung, die ansonsten im Rahmen der Erlaubnisfähigkeit solcher Anlagen vorzunehmen sei, müsse also bei der Schaffung von Tabuzonen durchgeführt werden. Hinsichtlich der Bereiche, die als Ausnahmezonen ausgewiesen sind, müsse umgekehrt gelten, dass der Verordnungsgeber unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten grundsätzlich keine Beeinträchtigung der Schutzzwecke bzw. des Charakters des Landschaftsschutzgebiets sehe. Insgesamt sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen.

 

Ansprechpartner:

Dr. Klaus-R. Luckow, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht