29. März 2016 · Arbeitsrecht

Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltung nach einer Kündigung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 17.11.2015 (Az. 9 AZR 179/15) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1. Juli eines Jahres begründet wird, in diesem Jahr nach § 4 BurlG keinen Vollurlaubsanspruch erwerben kann.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.07.2013 bis zum 02.01.2014 als Diensthun­deführer Bundeswehr-Bereich in einer 6-Tage-Woche beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheits­gewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (MTV) Anwendung.

Während des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger keinen Urlaub. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte ihm die Beklagte Urlaubsabgeltung für 13 Urlaubstage i. H. v. € 1.170,39 brutto nebst Zinsen. Mit seiner am 14.03.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Abgeltung von 13 weiteren Urlaubstagen. Er vertritt die Auffassung, im Jahr 2013 habe er den vollen Urlaubsanspruch erworben.

Das BAG hat nun entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung weiterer € 1.170,39 aus § 7 Abs. 4 BurlG i. V. m. § 5 Nr. 6 S. 2 MTV zustehe. Entgegen der Ansicht des Klägers habe dieser im Jahr 2013 keinen vollen Urlaubsanspruch, sondern nur einen Teilurlaubsanspruch gem. § 5 Abs.1 a) BUrlG erworben.

Zur Begründung führt der Senat an, dass § 5 Abs. 1 a) BurlG auf § 4 BUrlG Bezug nehme und damit regele, dass ein Teilurlaubsanspruch dann entstehe, wenn wegen der Nichterfüllung der Wartezeit des § 4 BUrlG kein Vollurlaubsanspruch erworben werde. Gemäß § 4 BUrlG werde ein Vollurlaubsanspruch erst „nach sechsmonatigem Bestehen“ und nicht „mit sechsmonatigen Bestehen“ erworben. Weiterhin entstehe gem. § 5 Abs. 1 c) BUrlG nur ein Teilurlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer nach erfüllter War­tezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide. Dies gelte auch dann, wenn dieser mit Ablauf des 30. Juni eines Kalenderjahres aus­scheide. Vor dem Hintergrund des Gebots, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln (Art. 3 I GG), könne auch bei einem Arbeitsverhältnis, das am 01. Juli begonnen habe, mit Ablauf des 31. Dezember kein Vollurlaubsanspruch entstehen. Schließlich ordne § 1 BUrlG i. V. m. § 3 Abs. 1 BUrlG zwar an, dass jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 24 Werktage Erholungsurlaub habe. Die gesetzliche Regelung gehe damit aber nicht davon aus, dass ein Arbeitnehmer der im Laufe desselben Jahres bei zwei verschiedenen Arbeitgebern für jeweils ein halbes Jahr beschäftigt ist, zweimal einen vollen Urlaubsanspruch erwerben solle. Zuletzt merkt der Senat noch an, dass er mit dieser Entscheidung ausdrücklich dem nicht ganz eindeutigen Urteil des 5. Senats des BAG aus dem Jahre 1967 (Az. 5 AZR 395/66) entgegentrete, falls diesem zu entneh­men sein sollte, dass der volle Urlaubsanspruch bereits mit Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit entstehe.

Fazit:

Ein Arbeitnehmer erwirbt den vollen Urlaubsanspruch somit erst, wenn das Arbeitsver­hältnis mehr als sechs Monate besteht.

 

Ansprechpartner:

Rechtsanwalt Dr. Klaus-R. Luckow