14. Januar 2022 · Aktuelle Entwicklungen

Erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes: „Einrichtungsbezogene Impfpflicht“

NEUE RECHTSLAGE:

Der Deutsche Bundestag beschloss am 10. Dezember 2021 das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ (in Kraft getreten am 12. Dezember 2021). Der in diesem Zuge neu geschaffene § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) begründet nun eine „einrichtungsbezogene Impfpflicht“. Hierbei handelt es sich „nur“ um eine mittelbare Impfpflicht, ohne dass ein mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzender Impfzwang bestünde.

Gemäß dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht müssen alle Personen, die in Einrichtungen der Medizin und Pflege tätig sind, wie beispielsweise Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen, bis zum Ablauf des 15. März 2022 geimpft oder genesen sein, es sei denn es besteht eine medizinische Kontraindikation (§ 20a Abs. 1 IfSG).

Ferner sind alle Personen, die in diesen Einrichtungen tätig sind, verpflichtet, bis zum 15. März 2022 einen entsprechenden Impf- oder Genesenennachweis bzw. ein ärztliches Zeugnis über die medizinische Kontraindikation bei der Leitung der jeweiligen Einrichtung vorzulegen (§ 20a Abs. 2 S. 1 IfSG).

Die Leitung der jeweiligen Einrichtung ist gemäß § 20a Abs. 2 S. 2 IfSG im Falle des Nichtvorliegens eines entsprechenden Nachweises bis zum 15. März 2022 oder bei Zweifeln hinsichtlich Echtheit/inhaltlicher Richtigkeit des Nachweises verpflichtet, das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen. Das Unterlassen dieser Benachrichtigung durch die Leitung der Einrichtung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

Bei Nichtvorlage eines entsprechenden Nachweises innerhalb angemessener Frist kann die zuständige Behörde für die betroffene Person gemäß § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot anordnen.

Für Personen, die nach dem 15. März 2022 eine Tätigkeit in einer betroffenen Einrichtung aufnehmen wollen, gilt gemäß § 20a Abs. 3 IfSG, dass diese – ohne die Notwendigkeit einer Anordnung durch das Gesundheitsamt – ohne einen entsprechenden Nachweis schon nicht beschäftigt oder tätig werden dürfen.

UNSERE ANWALTLICHE EINSCHÄTZUNG:

1. Infektionsschutzrecht

In infektionsschutzrechtlicher Hinsicht bringt die Regelung folgende Neuerungen:

a) Nach den neuen Regelungen in § 20a IfSG sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer in den Einrichtungen der Medizin und Pflege (§ 20a Abs. 1 IfSG) verpflichtet, einen Nachweis, dass sie geimpft und/oder genesen sind bzw. eine medizinische Kontraindikation besteht, bis zum 15.03.2022 vorzulegen.

Erfolgt eine solche Vorlage nicht, droht die Anordnung eines Tätigkeits- bzw. Betretungsverbot durch das Gesundheitsamt.

b) Die Leitung der Einrichtung ist nach § 20a Abs. 2 S. 2 IfSG bei Bestands-Arbeitnehmern verpflichtet, das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen, wenn diese Arbeitnehmer bis zum 15.03.2022 keinen entsprechenden Nachweis vorlegen oder wenn Zweifel an der Echtheit/Richtigkeit eines vorgelegten Nachweises bestehen.

Ferner ist die Leitung der Einrichtungen bei Neueinstellungen ab dem 16. März 2022 verpflichtet, im Falle von Zweifeln an der Echtheit/Richtigkeit des gemäß § 20a Abs. 3 S. 1 IfSG zwingend vorzulegenden Nachweises das Gesundheitsamt zu benachrichtigen.

Bei Verstößen gegen diese Benachrichtigungspflicht droht ein Bußgeld.

2. Arbeitsrecht

In arbeitsrechtlicher Hinsicht stellen sich aufgrund der in § 20a IfSG normierten „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“– neben den Fallstricken bezüglich der Meldeverpflichtung auf Seiten der Einrichtungsleitung –relevante Fragen sowohl auf Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite.

a) Was droht dem Arbeitnehmer, der keinen entsprechenden Nachweis vorweist?

In Bezug auf neue Arbeitnehmer besteht bereits ein gesetzlich angeordnetes Beschäftigungsverbot (§ 20a Abs. 3 IfSG), so dass diesen Arbeitssuchenden nach dem 15.03.2022 droht, keine neue Arbeitsstelle in den bezeichneten Einrichtungen zu finden.

Bestandsarbeitnehmern drohen nach dem 15.03.2022 diverse arbeitsrechtliche Konsequenzen, die vom Entfall des Lohnanspruchs für die Zeit nach dem 15.03.2022 bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes reichen.

b) Welche Konsequenzen folgen aus der Neuregelung für den Arbeitgeber?

Es drängt sich für den Arbeitgeber bzw. die Leitung der jeweiligen Einrichtung die Frage auf, wie mit Arbeitnehmern zu verfahren ist, welche sich weigern, einen entsprechenden Nachweis im Sinne des § 20a IfSG vorzulegen und in der Folge einem (vom Gesundheitsamt angeordneten) Betretungs- und Tätigkeitsverbot unterliegen.

Da ab dem 15.03.2022 für Personen, welche keinen entsprechenden Nachweis vorlegen, in den bezeichneten Einrichtungen ein Beschäftigungsverbot besteht, dürften derartige Neueinstellungen für den Arbeitgeber nicht mehr möglich sein.

Im Zusammenhang mit Bestandsarbeitnehmern stellen sich allerdings mehrere denkbare Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers dar, wobei das Gesetz keine unmittelbare Aussage hierzu trifft.
Im Zusammenhang mit Arbeitnehmern, die keinen Impf-, Genesenen- oder Kontraindikationsnachweis vorlegen, heißt es in der Gesetzesbegründung, dass für diesen Personenkreis die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers entfalle. Außerdem sollen nach der Gesetzesbegründung weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht kommen können.

Es dürfte daher die Möglichkeit für den Arbeitgeber bestehen, den betroffenen Arbeitnehmern, welche einem Tätigkeitsverbot unterliegen, keinen Lohn mehr zu zahlen.

Eine weitere denkbare arbeitsrechtliche Konsequenz in dieser Konstellation wäre ferner eine Abmahnung bzw. ein Kündigungsrecht. Ein Kündigungsgrund könnte dabei in dem Umstand gesehen werden, dass der Arbeitnehmer die gesetzlich zwingenden Voraussetzungen für die Arbeitsleistung nicht vorweisen kann. Die arbeitgeberseitige Kündigung ist jedoch stets Ultima Ratio, so dass hier zwingend der Einzelfall zu prüfen ist.

Die vorliegende kurze Darstellung der Verpflichtungen des Arbeitgebers und der – bisher ungeklärten – vielseitigen arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit § 20a IfSG zeigt, dass eine dezidierte Prüfung und Bewertung des Einzelfalls notwendig ist, um den sich aus dieser Regelung ergebenden Herausforderungen gerecht zu werden.

Für weitere Rückfragen stehen Ihnen RA Herbst, RA Hempel sowie RA Dirmeier gerne zur Verfügung.