17. April 2019 · Mietrecht · WEG-Recht · Zivilrecht

Kurzzeitvermietung von Eigentumswohnungen in einer WEG

Nachträgliches Verbot der Kurzzeitvermietung von Eigentumswohnung nur einstimmig möglich

Mit Urteil vom 12.04.2019 (Az. V ZR 112/18) entschied der BGH:

Ein Verbot der kurzzeitigen Vermietung von Eigentumswohnungen innerhalb einer WEG ist nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich.

Gegenstand der Revisionsentscheidung war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die

kurzzeitige Vermietung von Eigentumswohnungen auf Grundlage einer sogenannten Öffnungsklausel in der Teilungsvereinbarung durch Mehrheitsbeschluss im Nachhinein verboten werden kann.

Was ist passiert?

Die Parteien des Rechtsstreits bilden eine Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG). Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung und klagte gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der WEG. Die entsprechende Teilungserklärung enthält die Regelung, wonach den Wohnungseigentümern kurzzeitige Vermietung der entsprechenden Eigentumswohnungen (z.B. an Feriengäste) ausdrücklich gestattet ist. Eine in der Teilungserklärung enthaltene sogenannte Öffnungsklausel sieht jedoch vor, dass die Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75% aller Miteigentumsanteile nachträglich abgeändert werden kann.

Mit einer solchen Mehrheit beschlossen die Wohnungseigentümer im Rahmen einer Eigentümerversammlung, die Teilungserklärung dahingehend zu ändern, dass die Überlassung einer Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, vor Ort befristet Tätige oder andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer sowie eine Nutzung als Werkswohnung nicht mehr zulässig sein soll.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Beschlussmängelklage.

Vorinstanzen:

Das Amtsgericht stellte die Nichtigkeit des Beschlusses fest. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem Landgericht erfolglos. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision wollten die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

BGH-Entscheidung:

Auch die Revision blieb letztlich erfolglos. Der BGH entschied, dass der in der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss rechtswidirg ist, da die Zustimmung der Klägerin fehlte.

Die zulässige Wohnnutzung umfasse grundsätzlich auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste. Diese Vermietungsform war in der gegenständlichen Teilungserklärung zudem auch ursprünglich explizit erlaubt. Grundsätzlich erlaube es eine Öffnungsklausel den Wohnungseigentümern, Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit auch nachträglich zu ändern. Zum Schutz der Minderheit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft seien nach Ansicht des BGH dabei aber bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Dies gelte insbesondere für Beschlussgegenstände, die zwar verzichtbare, aber „mehrheitsfeste“ Rechte der Sondereigentümer betreffen.

Zu diesen „mehrheitsfesten“ Rechten eines Sondereigentümers gehöre insbesondere auch die Zweckbestimmung des Wohnungs- oder Teileigentums. Sie gebe vor, wie die Einheit zulässigerweise genutzt werden darf und hat deshalb entscheidenden Einfluss auf den Wert der Einheit. Wird die Zweckbestimmung nachträglich geändert oder eingeschränkt, betreffe dies nach den Ausführungen des BGH die Nutzung des Sondereigentums in substanzieller Weise. Derartige Eingriffe bedürften daher jedenfalls auch der Zustimmung des Eigentümers der Einheit, deren Zweckbestimmung geändert werden soll. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung der allgemeinen Öffnungsklausel.

Nach Ansicht des BGH greifen eben auch (Kurzzeit-)Vermietungsverbote in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ein. Ein generelles Vermietungsverbot, sowohl auf kurz- als auch langfristige Vermietungen ausgerichtet, könne nur dann rechtmäßig sein, wenn nicht nur die aktuell vermietenden, sondern alle Wohnungseigentümer zustimmen. Denn auch die Zweckbestimmung solcher Einheiten, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung von den jeweiligen Eigentümern selbst genutzt werden, würde jedenfalls für die Zukunft eingeschränkt.

Im vorliegenden Fall haben die Beklagten zwar kein generelles, sondern ein speziell auf Kurzzeitvermietungen bezogenes Vermietungsverbot beschlossen. Doch nach der Entscheidung des BGH könne auch ein solches Verbot nur mit der Zustimmung aller Wohnungseigentümer beschlossen werden, da es die zuvor weitgefasste Zweckbestimmung sowie auch das Recht jedes Wohnungseigentümers, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, verenge und in erheblicher Weise einschränke. Ein Wohnungseigentümer dürfe sich jedoch darauf verlassen, dass seine auf das Sondereigentum bezogenen Befugnisse jedenfalls nicht ohne sein Zutun eingeschränkt werden, sodass Vermietungen von kurzer Dauer oder bestimmter Art nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer verboten werden könnten. Andernfalls entstünden erhebliche Abgrenzungs- und Wertungsprobleme.

Die schriftliche Entscheidung des BGH samt der Entscheidungsgründe ist derzeit noch nicht veröffentlicht. Sobald dies der Fall ist, werden wir an dieser Stelle noch vertiefend auf die Entscheidungsgründe eingehen.


Ergänzung nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe:

Beschlüsse, die auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefasst werden, sind durch die Rechtsprechung im Allgemeinen nur insoweit überprüfbar, als das „Ob“ und das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen. Anderes solle jedoch bei unentziehbaren, aber verzichtbaren („mehrheitsfesten“) Rechten eines Sondereigentümers gelten. Zu gerade diesen Rechten gehöhre die Zweckbestimmung des Wohnungs- bzw. Teileigentums, sodass sie nur mit Zustimmung des Sondereigentümers geändert oder eingeschränkt werden dürfe.

Da die Zweckbestimmung vorgebe, wie die Einheit zulässigerweise genutzt werden dürfe, habe sich aus Sicht des Sondereigentümers entscheidenden Einfluss auf den Wert seiner Einheit. Werde sie nachträglich eingeschränkt oder geändert, betreffe dies die Nutzung in substantieller Weise, sodass derartige Eingriffe jedenfalls der Zustimmung der von der Änderung betroffenen Eigentümer bedürften.

Dass hier zwar kein generelles , sondern ein spezielles auf Kurzzeitmieten beschränktes Vermietungsverbot beschlossen wurde ändere nichts, da auch dieses Verbot die zuvor weit gefasste Zweckbestimmung der Einheiten verengt und das bestehende Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, dauerhaft in erheblicher Weise einschränke.

Ein Wohnungseigentümer dürfe sich – soweit nichts anderes vereinbart sei – darauf verlassen , dass seine Nutzungsbefugnisse nicht ohne sein Zutun eingeschränkt werden.

Der BGH ist der Auffassung, dass auch nicht angenommen werden könne, dass Wohnungseigentümer mit der Vereinbarung einer allgemeinen Öffnungsklausel vorab in jegliche Änderung der Gemeinschaftsordnung eingewilligt hätten. Aus einer allgemeinen Öffnungsklausel (die dem Grunde nach nicht zu beanstanden sei) könne nicht auf eine Zustimmung zu allen künftig denkbaren Regelungen und einschneidenden Änderungen geschlossen werden.

Die übrigen Eigentümer seien aufgrund des Unterlassungsanspruches nach § 15 Abs. 3 WEG bei etwaigen mit der Kurzzeitvermietung einhergehenden Störungen, wie Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste, geschützt. Der Umstand, dass die kurzzeitigen Mieter den anderen Bewohnern unbekannt seien, sellte nach Ansicht des BGH eine solche Störung für sich genommen nicht dar.

Ob die fehlende Zustimmung des betroffenden Sondereigentümers zur schwebenden Unwirksamkeit eines gleichwohl gefassten Beschlusses führe (bisherige Rechtsprechung), stellte der BGH in Ansehung der darauf bezogenen Kritik in der Literatur in Frage und kündigte damit voraussichtlich eine Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung an. Eine abschließende Entscheidung, ob solche Beschlüsse nichtig oder aber anfechtbar seien, gab der vorstehende Fall nicht her.


Für weitergehende Fragen oder Informationen wenden Sie sich gerne an Herrn RA Daniel Schulz und Herrn RA René Hempel.

(DS)