22. Juli 2016 · Medizinrecht

Aufwandspauschale auch bei sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung

Das LSG Niedersachsen-Bremen setzt sich in den zwei Urteilen vom 26.01.2016 – Az.: L 16/1 Kr 66/14 und vom 17.02.2016 – Az.: L 16/14 KR 208/13  mit dem Anspruch des Krankenhauses auf Bezahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V auseinander.

Das Gericht führt aus, dass für eine Abrechnung der Aufwandspauschale erforderlich sei, dass eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V stattgefunden haben muss, weil nicht jede Rückfrage der Krankenkasse beim Krankenhaus den Anspruch auf Bezahlung einer Aufwandspauschale auslöse. Auch bei Durchführung einer Stichprobenprüfung nach § 17 c Abs. 2 KHG falle eine Aufwandspauschale nicht an. Ob es sich um eine Prüfung der sachlichen-rechnerischen Richtigkeit gehandelt habe, die nach Auffassung des Bundessozialgerichts einem eigenen Prüfregime unterliege (BSG, Urteil vom 23.06.2015 – Az. B 1 KR 13/14 R), komme es indes nicht an, weil der Gesetzgeber mit dem Gesetz  zur Reform der Strukturen in der Krankenhausversorgung (KHSG) in § 275 Abs. 1 c SGB V einen Satz 4 eingefügt habe, wonach als Prüfung nach Satz 1 jede Prüfung anzusehen sei, mit der die Krankenkasse den medizinischen Dienst  beauftragt habe und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst erfordere. Mit dieser ergänzenden Regelung sei eine Reaktion auf die neuere Rechtsprechung des BSG erfolgt und werde klargestellt und bestimmt, dass sich die Fristen und Anzeigeregelungen des Satzes 2 und die Regelungen zur Aufwandspauschale in Satz 3 auf jede Prüfung der Abrechnung einer stationären Behandlung beziehen, mit der eine Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung durch den MDK beim Krankenhaus erfordert. Nach der Gesetzesbegründung gelte dies sowohl für die vom 1. Senat des BSG angesprochene Auffälligkeitsprüfung, als auch für die Prüfungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit. Mit dieser Regelung werde auf die Rechtsprechung des BSG zum dreistufigen Prüfsystem Bezug genommen. Dadurch werde in Übereinstimmung mit diesem Ansatz zum Ausdruck gebracht, dass § 275 Abs. 1 c SGB V für alle Prüfungen auf der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung anwendbar ist.

In dem Urteil vom 17.02.2016 (Az. L 16/4 KR 298/13) hat das Gericht Kriterien herausgearbeitet, wann die negative Voraussetzung für den Anspruch auf die Aufwandspauschale erfüllt sei und das Krankenhaus die Abrechnungsprüfung nicht durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung veranlasst habe (BSG, Urteil 28.11.2013 – Az. B 3 KR 4/13 R).

Das BSG habe ausgeführt, dass sich dieser Ausnahmetatbestand auf Fälle der nachweislich fehlerhaften Abrechnung beschränke, also dann nicht gelte, wenn das Krankenhaus gute Gründe für die vorgenommene Kodierung geltend machen könne und zur zweifelsfreien Aufklärung weitere aufwändige Ermittlungen erforderlich wären.

Von den Krankenkassen seien zunächst Unstimmigkeiten bei den Rechnungsdaten zu benennen. Hierbei reiche nicht aus, wenn die Krankenkasse vornehmlich auf die Möglichkeit der Reduktion des Rechnungsbetrages im Falle der Streichung mehrerer Nebendiagnosen hinweist. Dies zeige nach Auffassung des Gerichts, dass sich die Krankenkasse bei der Einleitung der Prüfung von finanziellen Kürzungsinteressen leiten ließ. Dementsprechend habe die Beklagte im Prüfauftrag an den MDK keine konkret bezeichneten Auffälligkeiten benannt, sondern habe in globaler Weise die Prüfung der Korrektheit der Kodierung begehrt.

Weiter führt das Gericht aus, selbst wenn von einer fehlerhaften Kodierung auszugehen sei, müsse die Krankenkasse durch die Falschkodierung zu einer Prüfungseinleitung (kausal) veranlasst worden sein. Hierbei könne durch das Prüfergebnis des MDK (ex post) keine Rückschlüsse auf den Anlass für die Prüfungseinleitung (ex ante) gezogen werden. Ein Prüfergebnis könne sich nicht rückwirkend auf die Prüfungseinleitung auswirken, vielmehr seien  Anlass und Ergebnis der Prüfung nacheinander tatbestandlich eigenständig zu subsumieren.

 

Ansprechpartner: Christian Herbst, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht