8. Januar 2021 · Versicherungsrecht · Zivilrecht

UPDATE: Betriebsschließungsversicherung (LG Regensburg)

Nun liegt auch eine Entscheidung des LG Regensburg vor.

Zur Betriebsschließungsversicherung finden Sie bereits [hier] und [hier] erste Informationen.

Mit Urteil vom 11.12.2020 hat nunmehr auch das LG Regensburg (Az. 34 O 1277/20) über die Frage zu entscheiden, ob ein Versicherer einer Betriebsschließungsversicherung aufgrund einer coronabedingten Schließung der Gaststätte Entschädigungszahlungen an den Gastronom leisten muss.

Ausgangspunkt

Zu der Frage, ob Versicherer für die Betriebsschließungen von Gaststätten und Hotels aus sogenannten Betriebsschließungsversicherungen leisten müssen, sind seit geraumer Zeit vielzählige Gerichtsverfahren rechtshängig.

Wir berichteten bereits von der Entwicklung der Kulanzlösung auf Beitreiben der Bayerischen Staatsregierung zur schnellen Unterstützung, aber auch von einem eine umfassende Entschädigung zusprechenden Urteil des LG München I vom 01.10.2020 (Az. 12 O 5895/20). Seitens des LG München I ergingen hierauf folgend noch weitere zusprechende Urteile, während in weiten Teilen Deutschlands nicht wenige erstinstanzliche Urteile regelmäßig eine Entschädigungspflicht des Versicherers aus unterschiedlichen Gründen ablehnten.

Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Versicherungsbedingungen im Einzelnen, ergeben sich auch die unterschiedlichsten Anknüpfungspunkte, welche eine Leistungspflicht des Versicherers entstehen oder entfallen lassen können. Je nach Einzelfall stellt sich die Frage, ob aufgrund einer vorsorglichen Schließung aller Gastronomiebetriebe, ohne eine Infektion im Betrieb selbst, überhaupt ein Versicherungsfall nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen gegeben ist. Ebenso kann sich die Frage stellen, ob das Corona-Virus an sich überhaupt von den Versicherungsbedingungen erfasst ist.

Diese nur beispielhafte Nennung zweier Problembereiche zeigt, dass sich hier eine Vielzahl von Problematiken ergibt, welche stets nur im Einzelfall bewertet werden kann.

Anspruch auf Versicherungsleistung

Das LG Regensburg lehnte nun in seinem Urteil vom 11.12.2020 einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung durch den Versicherer ab.

Zentraler Anknüpfungspunkt für das Gericht war in diesem Fall, dass kein Versicherungsfall gegeben sei, da die COVID-19 Krankheit bzw. das Corona-Virus in den konkreten Versicherungsbedingungen nicht genannt, diese jedoch abschließend seien. Im zu entscheidenden Fall lagen Versicherungsbedingungen zugrunde, welche einen Katalog von nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern enthielten, unter denen das Corona-Virus nicht genannt war.

Das Gericht kam bei Gesamtbetrachtung des Wortlauts der Versicherungsbedingungen unter Zugrundelegung der „Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse“ zu dem Ergebnis, dass sich danach ein abschließender Katalog ergibt, so dass ein Versicherungsfall nur im Hinblick auf die genannten Krankheiten und Krankheitserreger in Betracht kommt.

Darüber hinaus ging das Gericht in diesem Fall sogar davon aus, dass schon kein Verweis auf das IfSG vorliegt, sondern durch die Bezeichnung konkreter – nach dem IfSG meldepflichtiger – Krankheiten und Krankheitserreger eine eigene Definition für meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger geschaffen wurde.

Dementsprechend lehnte das LG Regensburg ebenso auch die teilweise vertretene Ansicht, es würde sich bei derartigen Versicherungsbedingungen um eine „dynamische Verweisung“ auf den jeweiligen Katalog des IfSG handeln, ab. Dies mit der Begründung, dass bei einer solchen Verweisung mit stetig wandelbarem Inhalt eine Aufzählung von Krankheiten in den Versicherungsbedingungen unnötig wäre.

Als weiteres Argument meint das Gericht, dass die abschließende Aufzählung gerade der Verständlichkeit diene und so Auslegungsprobleme der Versicherungsbedingungen vermieden werden sollen.

Auf die einer gleichgerichteten Klage stattgebende Entscheidungen des LG München I ging das LG Regensburg nicht ein, da es sich seines Erachtens um nicht identische Klauseln handeln würde, so dass eine konkrete Auseinandersetzung mit diesen nicht erfolgen müsse.

Zentraler Punkt der Entscheidung

Der entscheidungserhebliche Punkt für das LG Regensburg war also eine seines Erachtens abschließende Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern, welche zu einem Versicherungsfall führen können. Da nach Ansicht des Gerichts also schon kein Versicherungsfall vorlag, wurden die weiteren problematischen Fragen nicht behandelt.

Einschätzung der aktuellen Rechtslage

Es ist bedauerlich, dass sich das LG Regensburg in der Sache nicht mit den Entscheidungen des LG München I auseinandergesetzt und zu den dabei angestellten Argumenten Stellung genommen hat, zeigt jedoch die hohe Einzelfallprägung und eine geringe Vergleichbarkeit. Letztendlich ergibt sich weder aus den für Versicherungsnehmer positiven Entscheidungen des LG München I noch aus der ablehnenden Entscheidung des LG Regensburg eine pauschale Schlussfolgerung, unter welchen Umständen der Versicherer zu leisten hat.

Zum einen variieren die konkreten Versicherungsbedingungen im jeweiligen Wortlaut und zum anderen ist die Argumentation des LG Regensburg im Hinblick auf die Unmissverständlichkeit der Versicherungsbedingungen durch die Aufzählung nicht zwingend, jedenfalls dann nicht, wenn zusätzlich in irgendeiner Form auf das IfSG verwiesen wird, da hierdurch im Einzelfall durchaus der Eindruck entstehen kann, dass der aktuelle Katalog dieses Gesetzes in Bezug genommen wird.

 

Wir werden Sie an dieser Stelle über weitere aktuelle Entwicklungen informiert halten.

Für darüber hinausgehende Fragen steht Ihnen Herr RA René Hempel  gerne zur Verfügung.

(FD/DS)